Diskussion um die Zukunft des Jugendfreizeitheims Silberborn - Landrätin Klinkert-Kittel bezieht Stellung
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Freitag, 01. Juni 2018 09:57
Silberborn/Northeim (red). Nachdem Mitte Mai dieses Jahres der Finanzausschuss des Landkreises Northeim mit den Stimmen aller Fraktionen einem Verkauf des Jugendfreizeitheims in Silberborn zugestimmt hatte, ist eine öffentliche Diskussion um diese Entscheidung entbrannt. Astrid Klinkert-Kittel, Landrätin des Landkreises Northeim, hat sich nun zur Zukunft des Jugendfreizeitheims in Silberborn geäußert. Nachfolgend die Worte der Landrätin:
Zunächst möchte ich betonen, dass mit der Einstellung des Betriebs des Jugendfreizeitheims Silberborn durch den Landkreis Northeim ein Ende der Einrichtung als solche nicht besiegelt ist. Ferner erlaube ich mir in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass es nicht zu den Aufgaben eines Landkreises gehört, einen Beherbergungsbetrieb zu betreiben. Erst recht nicht, wenn dieser, wie es beim Landkreis Northeim der Fall ist, finanzschwach ist und Bedarfszuweisungen vom Land erhält.
Tatsache ist, dass ein geändertes Freizeit- und Anspruchsverhalten der Gesellschaft allgemein mit dem aktuellen Zustand der Einrichtung für eine erfolgreiche Fortführung des Betriebes ohne hohe Investitionen nicht mehr in Einklang zu bringen sind. Das Freizeitheim wurde 1961 in erster Linie errichtet, um Kindern und Jugendlichen aus dem Kreisgebiet ein wohnortnahes Freizeitangebot zu ermöglichen. Zwischenzeitlich hat es jedoch eine Verschiebung der Nutzergruppen gegeben. In den vergangenen Jahren haben insbesondere auswärtige kirchlich geprägte Gruppen Übernachtungen im Jugendfreizeitheim Silberborn gebucht, gefolgt von Sportvereinen.
So wurden im Jahr 2016 wurden 230 Übernachtungen und im Jahr 2017 insgesamt 276 Übernachtungen mit dem Turnkreis Northeim-Einbeck abgerechnet. Damit entfielen knapp 2 Prozent aller Übernachtungen auf Gäste vom Turnkreis. Nur rund 117 Personen im Durchschnitt waren Kinder- und Jugendliche aus dem Kreisgebiet bis zum 17. Lebensjahr. Aufgrund der hohen Zuschussbedarfe sehe ich nach wie vor keine andere Lösung, als das Jugendfreizeitheim zu veräußern. Heruntergerechnet auf Gäste aus dem Landkreis Northeim betrug der Zuschussbedarf pro Gast in 2016 ca. 271 Euro während dieser 2017 weiter gestiegen ist. Um eine Kostendeckung zu erreichen, müssten die Übernachtungsentgelte im Ergebnis verdoppelt werden und damit wären noch nicht die erforderlichen Investitionen abgedeckt.
Es gilt daher rechtzeitig die Reißleine zu ziehen, um unseren Kindern (aus dem Landkreis Northeim), die insgesamt nur mit einem Anteil von 17 Prozent das Jugendfreizeitheim Silberborn besuchen, nicht irgendwann eine aus dem Kreishaushalt finanzierte defizitäre Einrichtung zu überlassen und damit die Schuldenlast des Landkreises Northeim weiter in die Höhe zu treiben. Im Ergebnis halte ich es in der Gesamtbetrachtung nicht mehr vertretbar, eine Einrichtung mit steigenden Defiziten im sechsstelligen Bereich zu betreiben, wenn nur noch rd. 1/6 der Gäste aus dem Landkreis Northeim stammt. In Anbetracht der finanziellen Lage müssen wir daher heute Verantwortung übernehmen und dürfen unsere Augen nicht zulasten nachfolgender Generationen verschließen.
Mit der beabsichtigten Einstellung des Betriebes der Einrichtung und einer angestrebten anschließenden Veräußerung können jetzt die Weichen für eine Neuausrichtung der Einrichtung durch einen Dritten gestellt werden.
Dies ist eine Chance!
Ich begrüße daher ausdrücklich die nunmehr am 3. Mai 2018 im Finanzausschuss gefundene Modifizierung zu meinem Beschlussvorschlag. Danach soll vorzugsweise eine Veräußerung der Einrichtung für Zwecke der Jugendhilfe oder Jugendarbeit angestrebt werden.
Die erwartete steuerliche Belastung i. H. v. ca. 700.000 Euro fällt übrigens dann an, wenn der Kreistag die Schließung um einige Jahre verschieben würde. Dann wären die Rücklagen allerdings aufgebraucht. Die Steueraufwendungen würden dann den Kreishaushalt unmittelbar treffen. Mit einer Betriebseinstellung zum 31. Dezember 2018 können die entstehenden Aufwendungen jedoch noch aufgefangen werden.
Die im Jahr 2008 erfolgte Herauslösung von Anteilen am Energieversorger zugunsten der Stiftungen hat sich auch im Nachhinein als richtig erwiesen. Ausschlaggebend für die Entwicklung der Einrichtung sind vielmehr die genannten strukturellen Gründe.
Mit den beiden, Ende des Jahres 2008 gegründeten, Stiftungen (Sozial- und Sportstiftung sowie Kultur- und Denkmalstiftung) konnten im Landkreis Northeim eine Vielzahl von Projekten unterstützt oder eigentlich erst möglich gemacht werden. Dies und jährliche Zuschüsse an Dritte im Landkreis Northeim wären ohne die Stiftungen in dem Umfang nicht möglich.
Ich begrüße zudem auch die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, die derzeit dem Jugendfreizeitheim zugewiesene Beteiligung an der EAM der Jugendstiftung zukommen zu lassen. Mit diesen Mitteln können dann gezielt Jugendprojekte für Kinder und Jugendliche im Landkreis Northeim, in einem dann noch größeren Umfang als bislang unterstützt werden.
Sofern der Kreistag der Beschlussempfehlung folgt, besteht für interessierte Dritte und sonstige interessierte Institutionen die Chance die Einrichtung zu erwerben und für Zwecke der Jugendhilfe oder der Jugendarbeit weiterzuentwickeln. Angesichts des öffentlich bekundeten großen Interesses an der Einrichtung freue ich mich schon jetzt auf die sicher interessanten Konzepte, die im Rahmen des Veräußerungsprozesses vorliegen werden – gern natürlich auch von Interessenten aus dem Landkreis Northeim.“
Foto: Hanna Kleeschulte