Weisser Ring macht „Sexualisierte Gewalt“ zum Thema des Tags der Kriminalitätsopfer
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Freitag, 20. März 2020 17:24
Landkreis Holzminden (red). Alle acht Minuten wird ein Mensch in Deutschland Opfer von sexualisierter Gewalt. Das geht aus der Kriminalitätsstatistik der Polizei hervor; knapp 64.000 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind es pro Jahr. Aber das sind nur die erfassten Fälle - die Dunkelziffer liegt sehr viel höher. Nicht einmal jede 15. Tat wird bei der Polizei angezeigt, das belegen kriminologische Studien.
Der WEISSE RING, Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität, geht deshalb von bis zu einer Million Taten pro Jahr aus. Nicht alle acht Minuten, sondern vermutlich in jeder einzelnen Minute des Tages wird demnach ein Mensch Opfer von sexualisierter Gewalt. „Doch viel zu oft schweigen die Betroffenen über das Erlebte: aus Angst, aus Unwissenheit, aus Scham, aus falsch verstandener Loyalität, weil die meisten Taten in den privaten vier Wänden geschehen“, sagt Werner Friedrich, Leiter der WR-Aussenstelle Holzminden. „Opfer sollten sich jedoch nie selbst die Schuld für das Verhalten des Täters geben.“
Mit dem 29. „Tag der Kriminalitätsopfer“ am 22. März will der WEISSE RING das Schweigen brechen. Wegen der Corona-Pandemie kann in Holzminden leider die geplante Info-Veranstaltung nicht stattfinden. Informieren können Sie sich im Internet auf www.weisser-ring.de sowie auf facebook und youtube. Sexualisierte Gewalt: Das sind alle Formen von sexuellen Handlungen, die einer Person aufgedrängt oder aufgezwungen werden. Dazu gehören sexuelle Nötigung, sexuelle Belästigung, Vergewaltigung oder sexueller Missbrauch. Sexualisierte Gewalt ist häufig Ausdruck eines emotionalen und wirtschaftlichen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Täter und Opfer. Vor allem Frauen sind solcher Gewalt ausgesetzt, in der Öffentlichkeit, im Beruf, zu Hause. Partnerschaftsgewalt und häusliche Gewalt kann sich bis zum Mord und Totschlag steigern. Die Opfer kommen aus allen Bildungs- und Einkommensschichten, aus allen Altersgruppen, Nationalitäten, Religionen und Kulturen. Sexualisierte Gewalt an Mädchen und Jungen findet täglich und überall, häufig auch innerhalb der eigenen Familie, statt. Schätzungen zufolge erfährt jedes fünfte Mädchen und jeder neunte Junge vor dem 18. Geburtstag (mindestens) einmal sexuelle Gewalt, die der Gesetzgeber als Straftat einstuft – also Nötigung, Missbrauch, Exhibitionismus oder Vergewaltigung. Nicht selten beeinflusst das Erleiden sexualisierter Gewalt den gesamten weiteren Lebensverlauf. „Daher haben wir im Landkreis Holzminden zum dritten Mal in den KiTas Pixi-Bücher verteilt. In einer kleinen Geschichte wird den Kindern der Weg zur Abwehr aufgezeigt“, erklärt Hans Peter Sawatzki, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Sexuelle Handlungen an oder mit Kindern sind grundsätzlich strafbar. Aufgrund seiner emotionalen und intellektuellen Entwicklung kann ein Kind einer sexuellen Handlung nicht wissentlich zustimmen – und somit niemals dafür verantwortlich sein, wenn es Opfer eines sexuellen Missbrauchs wird. Begünstigt wird der Missbrauch durch das Macht- oder Wissensgefälle zwischen dem Täter und seinem kindlichen Opfer.
Alle Opfer von sexualisierter Gewalt leiden unter psychischen Folgen wie Angst, Vereinsamung, Depressionen oder chronischen Gesundheitsproblemen. Die Belastung quält die Betroffenen oft viele Jahre, manchmal das ganze Leben lang. „Betroffene Frauen und Männer befinden sich in einer Ausnahmesituation, die sie als bedrohlich und demütigend empfinden“, sagt Werner Friedrich. Der WEISSE RING rät Betroffenen, unbedingt mit Personen ihres Vertrauens über das traumatische Gewaltereignis zu sprechen, ärztliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen oder sich Hilfe zu suchen, zum Beispiel beim WEISSEN RING.
Die 2900 professionell ausgebildeten Opferhelferinnen und Opferhelfer in den 400 Außenstellen des WEISSEN RINGS stehen allen Betroffenen in der Notlage persönlich und streng vertraulich zur Seite. Die Tätigen vor Ort sind kostenlos telefonisch bundesweit über 116 006 oder per Internet zu erreichen.
Foto: lbr