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Mittwoch, 25. November 2020 08:34 Uhr

Pendeln und Fahrrad – geht das? Test der Verkehrsinitiative Nachhaltige Mobilität Pendeln und Fahrrad – geht das? Test der Verkehrsinitiative Nachhaltige Mobilität

Holzminden (red). Wenn jemand zweimal täglich 10 Kilometer oder mehr fahren muss, um von der Wohnung zur Arbeit und wieder zurück zu kommen, ist er oder sie auf das Auto angewiesen - das ist, jedenfalls im ländlichen Raum, eine weit verbreitete Auffassung. Wer keine passende Bus- oder Bahnanbindung vorfindet, wird das meist unterstreichen. Ist das Fahrrad hier eine Alternative? Nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) pendeln bereits täglich 4 Millionen Menschen in Deutschland mit dem Fahrrad. Immerhin kann das Fahrrad für den Klimaschutz mit wirklichen Null-Emissionen punkten. Kann das Fahrrad aber über längere Distanzen ein vollwertiges Pendler-Verkehrsmittel sein, wenn man täglich pünktlich bei der Arbeitsstelle sein muss und auch beizeiten den Feierabend einläuten möchte? Die Verkehrsinitiative Nachhaltige Mobilität hat dazu recherchiert und beleuchtet zwei Beispiele.

Thomas Schwingel wohnt in Holzminden und arbeitet bei der Stadtverwaltung in Höxter. Seine Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist exakt 10 Kilometer lang und wird von ihm seit über 25 Jahren bis auf wenige Ausnahmen täglich mit dem Fahrrad zurückgelegt. Für die staufreie Hin- und die Rückfahrt braucht er mit dem Rad bei moderatem Tempo jeweils eine halbe Stunde. Durch Windeinfluss kann es geringfügig länger oder kürzer sein. Das Auto braucht für die einfache Strecke je nach Verkehrslage rund 20 Minuten – ein Zeitgewinn von zwei mal 10 Minuten am Tag. „Man darf nicht nur die paar Minuten Zeitersparnis morgens und abends sehen. Das regelmäßige Radfahren ist ein sehr guter Beitrag, um körperlich gesund und fit zu bleiben. Außerdem müsste ich mir ohne das Radfahren die nötige Bewegung anders holen – z. B. durch Joggen. Das würde wohl länger dauern als 20 Minuten pro Tag.“

Das kann Beate Kretschmer aus Polle nur bestätigen. Sie pendelt seit 20 Jahren beinahe täglich mit dem Fahrrad nach Holzminden, um im Krankenhaus zu arbeiten. Für die 12 bzw. 14 km lange Strecke benötigt sie 35-45 Minuten. Sie schwärmt: „Die zauberhafte Landschaft, Pflanzen und Tiere als Wegbegleiter- z.B. ein Wiesel im Sommer, dass sich im Winter als Hermelin zeigt-, der Wechsel der Jahreszeiten, der Witterungsverhältnisse, ein nettes Lächeln oder ein Gruß von entgegenkommenden Radfahrern. All das macht diesen Arbeitsweg für mich so wunderbar. Ich bin mir über dieses Privileg im Klaren: Jeden Tag ein wenig Urlaub!“ Natürlich spielt für beide das Wetter eine wichtige Rolle und sie haben für alle Fälle immer einen Regenumhang dabei. „Es ist erstaunlich, wie selten ich den Regenschutz tatsächlich brauche – das Wetter ist deutlich besser als sein Ruf.“ Das ist die Erfahrung, die Thomas Schwingel in über zweieinhalb Jahrzehnten gemacht hat. Bei Extremwetterlagen greifen aber beide Radler auch mal auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Auo zurück. Die frische Luft und die Ruhe machen den Weg an der Weser hochattraktiv. Die übrigen Wegabschnitte sind im Berufsverkehr leider konträr dazu: Schmale Radfahr- oder nur -Schutzstreifen, viele Kfz – entsprechend Lärm und Abgase – machen Lust auf Veränderung. Hier sollte man ansetzen, um das Fahrradfahren attraktiver zu machen meinen die beiden Berufspendler.

Am Arbeitsort findet Thomas Schwingel direkt am Eingang eine überdachte und abschließbare Fahrradabstellanlage vor, in der immer mühelos ein Platz zu finden ist. Das ist optimal. Die Abstellanlage von Beate Kretschmer hat immerhin stabile Bügel, wenngleich eine Überdachung fehlt. Übrigens kommen Thomas Schwingel auf seiner Pendelstrecke zunehmend Radfahrerinnen und Radfahrer entgegen, die in die Gegenrichtung pendeln. Viele kennt er seit Jahren – man grüßt sich. Dennoch sieht er eine weitergehende Perspektive: „Mit der steigenden Frequentierung hat die Strecke Höxter – Holzminden das Potenzial, zum Radschnellweg ausgebaut zu werden. Dann steigen sicher noch mehr Pendler zwischen den Kreisstädten auf das Rad um.“ Das Fazit der beiden Fahrradpendler: „Das Fahrrad ist auch bei einer 10 - 15 Kilometerdistanz ein vollwertiges Pendler-Verkehrsmittel, das einzige mit klimaschutzrelevanten echten Null-Emissionen, und es bietet darüber hinaus viele weitere Vorzüge. Wem 20 Kilometer pro Tag zu anstrengend sind, bietet sich mit nur geringfügigen Abstrichen beim Emissionsverhalten das Pedelec an.“

Foto: privat

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