19% Lohnlücke: Aufwertung der „frauendominierten“ pflegenden und sozialen Berufe nur ein Lösungsansatz
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Freitag, 26. März 2021 10:28
Kreis Höxter/Holzminden/Northeim (TKu). 24. "plakative" Frauenaktionswochen 2021 in Corona-Zeiten: Das Frauennetzwerk Höxter möchte mit sechs Plakaten zum Nachdenken anregen und die Menschen mit einer Reihe von alltäglichen Themen, die einfach jeden betreffen, erreichen. Wir stellen jede Woche eines dieser Plakate genauer vor mit den Statements des Frauennetzwerks Höxter. Damit möchte das Netzwerk plakativ auf das Thema Gleichberechtigung und Frauenrechte aufmerksam machen. Wer nach Höxter hinein fährt, dem werden an den Ortseingängen mit Sicherheit die großen bunten Plakate des Frauennetzwerkes aufgefallen sein, die wir von der Online-Zeitung näher erklären: Nein, es gibt nicht 19% auf alles, auch wenn dieses Plakat das zunächst suggeriert. „19 % beträgt die Lohnlücke“ soll es heißen! Grafikdesignerin Barbara Fien vom Frauennetzwerk hat sich diesem Thema angenommen und erklärt das Plakat ein Stück weit näher: Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen in Deutschland im Schnitt 19 Prozent weniger als Männer. Dies werde laut Fien auch „geschlechtsspezifische Lohnlücke“ oder „Gender Pay Gap“ genannt. In den vergangenen Jahren habe sich die Zahl nur sehr langsam verringert. Deutschland weise den größten Gender-Pay-Gap unter den OECD-Staaten auf, erklärt Barbara Fien. Sie ergänzt: „Frauen, die in ihrem Leben weniger verdienen, bekommen auch später weniger Rente“.
Ein Teil dieser Lohnlücke lasse sich unter anderem auf sogenannte strukturelle Unterschiede zurückführen: Frauen unterbrechen oder reduzieren ihre Erwerbstätigkeit familienbedingt durch Elternzeit oder Pflege von Angehörigen wesentlich häufiger und länger als Männer. Diese „Fehlzeiten“ und darauf folgende Einstiegshemmnisse haben laut Fien lang nachwirkende Einbußen bei Lohn- und Einkommensentwicklung zur Folge. „Frauentypische“ Berufe seien weiterhin unterbewertet und schlechter bezahlt. Quasi seit Jahrzehnten liege der Frauenanteil in den Sozial- und Erziehungsberufen konstant weit über 70 Prozent, ein Merkmal für einen typischen „Frauenberuf“, erklärt Barbara Fien. Gängige Rollenstereotype beeinflussten nach wie vor die Berufswahl von jungen Frauen. Es werde nur sehr langsam besser, weshalb sich das Frauennetzwerk auch diesem Thema angenommen habe. Dadurch fehlten den Frauen in bestimmten Berufen, Branchen und auf den höheren Stufen der Karriereleiter. Doch selbst wenn man diese Faktoren herausrechne und sich Frauen und Männer anschaue, die in der gleichen Branche und in gleichen Position gleich viel arbeiten, würde sich in Deutschland immer noch eine nicht zu erklärende Lohnlücke von sechs Prozent ergeben, ergänzt Fien.
Barbara Fien berichtet von konstruktiven Ideen, die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen zu schließen: Das könne zum einen durch Aufwertung der „frauendominierten“ pflegenden und sozialen Berufe geschehen in Puncto höherer Bezahlung, aber auch durch gleiche Teilhabe an Führungspositionen. Eine weitere Forderung: „Mehr Frauen in die Politik!“ Wer 50 % der Arbeit macht – müsse auch 50 % mitentscheiden! Man könne auch bessere Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und gerechte Aufteilung der Sorgearbeit in der Familie schaffen oder die Väterkomponente des Elterngelds überarbeiten und erweitern. Als letzte Idee nannte Barbara Fien die Öffentlichmachung der Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern, um damit den Druck auf Wirtschaft und Politik zu erhöhen. Die Plakate in den städtischen Schaukästen wechseln wöchentlich, um die Botschaft allen rüber zu bringen.
Fotos: Thomas Kube