Nichts ist wie es scheint: Zwölf HAWK-Studierende entlarven die Mechanismen von Verschwörungstheorien
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Donnerstag, 06. Mai 2021 11:02
Hildesheim/Holzminden (red). Nein, es gibt keine Zufälle. Nichts ist, wie es scheint und alles ist miteinander verbunden – das behaupten jedenfalls Verschwörungstheorien. Ganz gleich, ob sie von innen, außen, unten oder von ganz, ganz oben kommen – Verschwörungstheorien bedienen sich klarer und eindeutiger Muster. Doch wie gewinnen Verschwörungstheorien Glaubhaftigkeit? Zwölf Studierende der Fakultät Gestaltung der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen am Standort Hildesheim haben sich unter der Leitung von Mathias Rebmann mit diesem Thema beschäftigt.
„Warum sind Verschwörungstheorien aktuell so populär? Und wie können Aufklärung und Prävention aussehen?“ Mit diesen und vielen weiteren Fragen auf dem Plan untersuchten die Studierenden des Kompetenzfelds Advertising die Geschichten und Hintergründe von Verschwörungstheorien und -mythen hinsichtlich ihrer Inhalte und Erzählstrukturen. „Wir haben aus der Analyse des Storytellings bestehender Verschwörungserzählungen sowie aus Literaturquellen eine umfangreiche Checkliste erarbeitet, wie man eine Verschwörung möglichst überzeugend erzählen kann. Wir stellten fest: Stil und Rhetorik spiegeln oftmals das Bemühen um Wissenschaftlichkeit wider. Die Verschwörungstheorien zitieren scheinbare Experten oder sie kommen zu Wort. Die Sprache selbst präsentiert sich fast immer metaphorisch aufgeladen, zum Teil auch apokalyptisch“ erläutert Rebmann. Mit diesem Wissen haben die zwölf Studierenden sechs Verschwörungsfilme produziert.
Das vorrangige Ziel hinter den Filmen bestand darin, Aufklärung zu leisten. Somit entstanden außerdem sechs Ansätze für aktivierende, crossmediale Aufklärungs- und Präventionskampagnen. Es ist besonders wichtig, auf die verführerische Kraft und Gefahr aufmerksam zu machen, die von Verschwörungstheorien ausgeht. Diese Theorien präsentieren vermeintlich einfache Antworten auf Probleme und Fragen und machen sich die Schwächen und Ängste der Menschen zunutze. Es kann verlockend sein, ihnen Glauben zu schenken, statt sich mit der ungemütlichen Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Gerade deswegen ist es so wichtig, neugierig und kritisch zu bleiben und sich selbst zu informieren – aus vertrauenswürdigen, geprüften Quellen.
Kreative Kommunikation lebt von Geschichten
Dazu hat der Kurs einen kleinen Beitrag leisten wollen. Ganz bewusst wird schon auf der Startseite aufgelöst, dass es sich nicht um echte Verschwörungstheorien handelt. Dazu Rebmann: „Wir wollen verhindern, dass jemand die Filme tatsächlich ernst nimmt – sie sind immerhin sehr überzeugend. Denn wenn die Welt eines nicht braucht, dann sind es weitere Verschwörungstheorien.“ Doch inwieweit hat die Beschäftigung mit Verschwörungstheorien mit kreativer Kommunikation zu tun? „Werbung lebt von Geschichten. Gute Werbung ist überraschend, glaubhaft und muss immer überzeugend sein. Schließlich soll sie beim Publikum eine Verhaltensänderung bewirken, beispielsweise um ein bestimmtes Produkt zu kaufen. All das trifft auch auf Verschwörungsmythen und -erzählungen zu. Nur, dass es hier eben komplett über Storytelling funktioniert und nicht über einen bestimmten Produktaspekt, den man nutzen kann“, erläutert Rebmann.
Den Film „Bevölkerungsregulation“ drehten Anastasia Lapina und Katharina Geier, „Slavestation“ Gaetano Calvanico und Julian Mannkopf, „Angstenergie“ Johanna Hirschfeld und Gideon Hoja, „Stromzähler“ Lena Stucke und Lukas Hollborn, „Senklöcher“ Maike Schulte-Wieking und Anna Lüders sowie „Starlink“ Vanessa Hechler und Madeleine Schröter.
Oberstes Ziel: Aufklärung
Doch wie geht es nun weiter? Rebmann fasst zusammen: „Schön wäre, wenn viele Leute die Filme teilen – wir bewerben sie allerdings nicht explizit. Es besteht immer noch die Gefahr, dass Verschwörungsgläubige das Ende des Videos einfach wegschneiden und sie als echt verbreiten. Wir sind mit einigen Organisationen in Gesprächen, die die Filme eventuell nutzen möchten – vielleicht sogar als Lehrmaterial für die Aufklärung in Schulen. Die Filme waren ohnehin nur die Aufwärmübung, um zu verstehen, wie Verschwörungstheorien, -erzählungen und -mythen funktionieren. Unsere eigentliche Aufgabe war es nämlich, Dinge zu entwickeln, die darüber aufklären. So entstand zum Beispiel das Kartenspiel „Cardspiracy“, das auf spielerische, witzige und kreative Weise zur Aufklärung beiträgt. Oder eine Wahlkampagne für die fiktive Partei „PdK – Die Klardenker“, welche das Thema Populismus und Verschwörungserzählungen verarbeitet.
Alle Filme und mehr Informationen https://klar-gedacht.de
Fotos: HAWK