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Samstag, 22. Juli 2017 06:53 Uhr

Volles Haus beim Thema "Schweinestall" in Deensen Volles Haus beim Thema "Schweinestall" in Deensen

Die Veranstaltung des Kreisverbandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Gaststätte „Zum Wagenrad“ zum Thema Landwirtschaft und Schweinehaltung in Deensen platzte aus allen Nähten, zusätzliche Stühle mussten hereingeholt werden. Unter den mehr als 80 Zuhörerinnen und Zuhörern aus dem Ort und angereisten Landwirten entbrannte eine intensive Diskussion über die Landwirtschaft der Zukunft. Auch die grüne Bundestagskandidatin Ute Michel wohnte der Veranstaltung bei. Annette Kusak vom Grünen Kreisvorstand lobte die überwiegend sachliche Diskussion vor Ort und appellierte an beide Seiten die Kritik des anderen etwa am Gestank oder der Massentierhaltung ernst zu nehmen, aber auch die wirtschaftlichen Zwänge der Landwirte zu beachten.

Für die örtliche BI „Saubere Luft Deensen“ schilderte Melanie Hütte eindrucksvoll die Entwicklung vor Ort. Der Schweinestall zur Jungsauenaufzucht wurde in den letzten Jahren auf fast 2000 Schweine annähernd verdoppelt. Viele Bürgerinnen und Bürger problematisieren die Geruchsbelastung im Ort, aber auch die potentiellen Gesundheitsgefahren durch resistente Keime durch den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung. Gerade aufgrund der Gesundheitsgefahren könne die BI auch nicht von der Forderung abweichen, dass der Schweinestall mit einer Filteranlage versehen wird.

In einem externen Gutachten wies die BI dem Kreis Mängel bei der Genehmigung der Anlage nach. Als erster Erfolg wurden im Sommer die Abluftrohre der Schweinehaltungsanlage auf das eigentlich genehmigte Niveau erhöht. Anwohnerinnen und Anwohner in Deensen befürchten dadurch aber lediglich eine Verlagerung und keine Minimierung der Belastungen im Ort.

Der grüne Landwirtschaftsminister Christian Meyer aus Holzminden wies auf die verschärften rechtlichen Vorgaben hin. Güllebehälter müssen auch nachträglich abgedeckt werden und ab 2000 Schweinemastplätzen müssen Großanlagen mit Filtern ausgestattet werden. Auch sei es gelungen den Antibiotikaeinsatz in der Schweinehaltung durch scharfe Kontrollen von einem sehr hohen Niveau um mehr als 50 % zu reduzieren. „Die menschliche Gesundheit muss Vorrang haben“, erklärte Meyer und wies daraufhin, dass Tierhalter in Niedersachsen als Risikopatienten zur Einschleppung von Keimen in Krankenhäuser eingestuft werden. Jährlich sterben 15.000 Menschen in Deutschland an resistenten Keimen und mehrere Hunderttausend erkranken schwer. Daher sei der Keimschutz um solche Ställe wesentlich.

Ein einzelner anwesender Landwirt schrie permanent dazwischen und wollte nicht wahrhaben, dass Veränderungen in der Landwirtschaft nötig seien. So stellte er die Notwendigkeit der von Bund und Ländern gerade beschlossenen Düngeverordnung in Frage und zweifelte die Messstellen offizieller Behörden an.

Minister Meyer wies in seinem sachlichen Vortrag auf die Notwendigkeit der Differenzierung in der Landwirtschaft hin. In einigen Landesteilen gibt es erhebliche Probleme mit Nitraten im Grundwasser und gestiegene Wasserpreise. Der Landkreis Holzminden sei noch weitgehend frei von Massentierhaltung. Daher sei es auch so wichtig, dass dies auch so bleibt, um nicht Umweltprobleme wie in Cloppenburg und Vechta zu bekommen. Statt Milliardensubventionen an Großbetriebe zu verteilen, sei es besser Umweltschutz und eine bessere Tierhaltung zu unterstützen.

Mit der sanften Agrarwende des Landes sei hier vieles erreicht und der Tierschutzplan erfolgreich umgesetzt worden. Millionen Legehennen behalten jetzt ihren Schnabel und immer mehr Schweine ihren Ringelschwanz. Auch das Verbot der Kastration von Ferkeln ohne Betäubung sei aus Tierschutzsicht überfällig. Die Kastenstandhaltung von Sauen, für die der Deenser Betrieb „produziert“, sei nicht mehr zeitgemäß. Meyer: „Es kann nicht sein, eine Muttersau 44 Prozent ihres Lebens in einen Kastenkäfig zu setzen, wo sie sich nicht einmal umdrehen kann. Das ist aus Tierschutzsicht nicht länger vertretbar.“

Um Änderungen in der Tierhaltung komme man daher nicht herum, fasste Vorstandssprecherin Annette Kusak die intensive Diskussion zusammen. Helfen könne dazu eine klare und ehrliche Kennzeichnung von Produkten und eine Änderung des aktuellen EU-Agrarfördersystems des „Wachsen oder Weichen“, dem immer mehr bäuerliche Betriebe zum Opfer fallen.

Die Bürgerinitiative in Deensen lobte die Initiative der Grünen zur Veranstaltung und wird weiter für eine Verminderung der Emissionsbelastung im Ort aber auch für eine bessere Tierhaltung eintreten. Positiv sieht die BI dem anstehenden Gespräch mit dem Landkreis und dem Landwirt entgegen, um eine für alle akzeptabel Lösung zu finden.

Foto: GRÜNE

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