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Donnerstag, 28. Februar 2019 13:08 Uhr

FDP Samtgemeindeverbands Boffzen: Gebietsreformen sind nicht alternativlos FDP Samtgemeindeverbands Boffzen: Gebietsreformen sind nicht alternativlos

Derental (r). Im Südkreis Holzminden wird über eine Fusion von Gemeinden diskutiert. Zur Information der von einer Einheitsgemeinde betroffenen Bürger konnte Karl-Friedrich Pieper auf Einladung des FDP-Samtgemeindeverbands Boffzen, einen der wichtigsten Experten und Forschungssachverständigen auf dem Gebiet "Dorfentwicklung" , Prof. Dr. Gerhard Henkel, zu seinem Vortrag "Wie retten wir unsere Dörfer" in Derental begrüßen. Im nahezu vollbesetzten „Derentaler Hof“ gab Prof. Henkel einen faktenreichen Einblick in die vielen unterschiedlichen Projekte aus seiner mehr als 40-jährigen Forschungstätigkeit. Die Bandbreite reichte dabei von Nachbarschaftsinitiativen über Infrastrukturprojekte, Gemeindefusionen und unterschiedlichste Gebietsreformen bis hin zu gutachterlicher Tätigkeit auf Kommunal-, Länder- und Bundesebene. Auch einige Bürger der betroffenen Nachbargemeinden nutzten die Gelegenheit, um sich aus kompetenter Quelle und erster Hand zu informieren. 

Henkels wichtigste Erkenntnis: Dörfer müssen sich letztendlich selbst erhalten bzw. retten und sich dazu gegen Tendenzen der Entmündigung von oben zur Wehr setzen. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip solle die jeweils übergeordnete gesellschaftliche Einheit nur dann aktiv werden und regulierend eingreifen, wenn die kleinere Einheit dazu selbst nicht in der Lage sei. Das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" sei allerdings inzwischen weitestgehend ausgehöhlt. Einerseits werde den Gemeinden der finanzielle Spielraum durch das Umlagesystem genommen. Andererseits stünden sie einem labyrinthischen Geflecht undurchschaubarer Fördertöpfchen und -Maßnahmen gegenüber, das den kleinen Gemeinden mit Arroganz und Ignoranz begegne und diese in die Verschuldung treibe. Damit werde ein Abwärtstrend in Gang gesetzt, der durch ein Gefühl der Ohnmacht gegenüber der höheren Politik in einen zunehmenden Verlust des bürgerschaftlichen Engagements münde. Direkte Folge seien der Verlust des Ansehens der Kommunalpolitik und nicht zuletzt die Zunahme an Nichtwählern und Protestwählern. "Die Dörfer verlieren ihre demokratisch Kraft und der Staat seine demokratische Basis", so Prof. Henkel.

Dr. Henkel führte aus, das diesen negativen Aspekten kaum Positives entgegensteht. Entgegen der immer wieder behaupteten finanziellen Einsparung widerlegten verschiedene neuere wirtschaftswissenschaftliche Studien (Ifo-Institut, ZEW) mit eindeutigen Fakten inzwischen die Vermutungen aus der vorangegangenen Fusionsphase von vor 10 Jahren. Folgerichtig gebe es teilweise bereits Überlegungen, den Negativfolgen mit einer Rückabwicklung von Gebietsfusionen zu begegnen. Die Erkenntnisse müsse man entsprechend nüchtern betrachten: "Die Behauptung, Gebietsreformen seien alternativlos, ist eine Lüge!" so das abschließende Fazit. Henkel gab allerdings auch zu bedenken, dass es keine "Patentrezepte" gebe, die für jedes Dorf gleichermaßen gelten. Seiner Beobachtung nach verhindere aber besonders eine ausgeprägte Cliquenwirtschaft die positive Entwicklung eines Dorfes.

Im Anschluss führte der Lauenförder SPD-Ortsbürgermeister W. Tyrasa an, dass die seinerzeitige (Koris-)Studie von 2008 zu einem anderen Ergebnis gekommen sei. Das Gutachten war vom damaligen SPD-Samtgemeindebürgermeister N. Tyrasa beauftragt worden. Sowohl einige Besucher aus dem Publikum als auch Prof. Dr. Henkel verwiesen dazu auf den Inhalt des gerade vorausgegangenen Vortrags, der genau die Gründe für Überholtheit des damaligen Gutachtens erläutert habe. Der Derentaler Bürgermeister Günter Rehling sowie weitere anwesende Bürger begrüßten den Vortrag und die Debatte um mögliche Lösungen und betonten die Notwendigkeit, externe Informationen zur breiten Meinungsbildung einzuholen. Gerhard Büttcher aus Lauenförde wies zudem auf die Wichtigkeit der Entscheidung über eine „Einheitsgemeinde“ für alle Bürger hin. Er dankte daher den beiden Initiatoren des Bürgerentscheides in Lauenförde, die allen dort betroffenen Einwohnern die Möglichkeit eröffnet, durch ihre Stimme hierüber selbst zu entscheiden.

Foto: Symbolbild

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