GRÜNE: Katastrophenschutz im Umfeld des Atomkraftwerks Grohnde fünf Jahre im Verzug
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- Kategorie: Politik
- Veröffentlicht: Montag, 12. April 2021 10:16
Niedersachsen (red). Zehn Jahre liegt die Atomkatastrophe von Fukushima nun zurück, die verheerenden Folgen belasten Japan bis heute. Wie wäre Niedersachsen für einen atomaren Katastrophenfall gerüstet? Auf Anfrage der grünen Landtagsabgeordneten Christian Meyer und Miriam Staudte wurde nun bekannt, dass das Land eine Lieferung über 25 Millionen Jodtabletten erhalten hat. Diese sollen jedoch frühestens Ende 2021 an die Landkreise ausgeliefert werden.
Christian Meyer, für Katastrophenschutz zuständiger Abgeordneter der Grünen Landtagsfraktion, kritisiert, dass die Verbesserung Notfallvorsorge im Umfeld des AKW Grohnde mittlerweile über fünf Jahre im Verzug ist: „Innenminister Pistorius sitzt auf 25 Millionen Jodtabletten. Im Falle eines Atomunfalls sollten diese innerhalb von sechs Stunden Jodtabletten an jede Bürger*in verteilt werden, die sich im Bereich der radioaktiven Wolke befinden. Doch dafür müssen die Jodtabletten dezentral in jedem Landkreis bevorratet sein. Doch das Land schafft es nicht, die nötigen Lager und die Logistik für einen schnellen Einsatz im Katastrophenfall umzusetzen!“ Bereits im Jahr 2015 hat das Bundesumweltministerium Vorgaben für eine verbesserte Vorsorge für Atomunfälle gemacht. Doch nach Angaben des Innenministeriums sind in Niedersachsen weder das Logistikkonzept für die Verteilung der Jodtabletten, die Evakuierungspläne für den Fall eines Super-GAUs noch die Ausstattung der Einsatzleitstelle des Landes abgeschlossen.
Auf Initiative des ermordeten Landrats Rüdiger Butte wurde die Zuständigkeit für Atomkatastrophen von den Landkreisen auf das Land mit Wirksamkeit zum 1.1.2018 übertragen. Dazu die GRÜNE Kreisvorsitzende Britta Kellermann: „Der damalige Landrat bemängelte bereits 2012, dass die Katastrophenpläne mangels Zuständigkeit zwangsläufig an den Kreisgrenzen enden mussten. Er wollte dafür nicht die Verantwortung übernehmen. Leider scheint das Land Niedersachsen sich auch nicht verantwortlich zu fühlen. Wenn hier der Katastrophenfall des atomaren Gaus eintritt, werden wir das pure Chaos erleben. Alle werden den Finger in die Luft halten, sich ins Auto setzen und dahin fahren, wo der Wind ihnen entgegenweht. Die Katastrophenpläne sind aktuell nirgendwo einsehbar. Niemand kann sich vorbereiten. Niemand wird informiert. Es gab mal eine Katastrophenübung, in die die Bürger*innen aber nicht einbezogen wurden. Da saßen die wichtigen Leute über Tage elektronisch verdrahtet im großen Sitzungssaal des Kreishauses und spielten verschiedene Szenarien durch. Die wissen jetzt, was sie tun müssen. Aber die 150.000 Menschen, die im Kreis leben, leider nicht.“
Das Haus von SPD-Innenminister Boris Pistorius begründet die schleppende Umsetzung mit der hohen Arbeitsbelastung durch die Corona-Pandemie. Diese Erklärung will der grüne Bundestagskandidat Helge Limburg nicht gelten lassen: „Es ist fahrlässig, dass das Land den Katastrophenschutz nachrangig behandelt. Die Atomkraftwerke laufen trotz Corona weiter und produzieren täglich neuen Müll, der in den Zwischenlagern landet. Die atomaren Risiken machen in der Pandemie keine Pause.“
Die Grünen warnen: „Wenn das Land nicht endlich Tempo macht, wird die Notfallplanung erst fertig, wenn die Atomkraftwerke Grohnde und Emsland schon stillgelegt sind. Das Land lässt die Anwohner*innen der Atomanlagen mit den Risiken allein.“ Das Atomkraftwerk Grohnde soll noch bis Ende des Jahres 2021 in Betrieb laufen, obwohl die eigenen Reststrommengen bereits aufgebraucht sind. Ein Vertrag zwischen Bundesregierung und Atomkonzernen hat dem Betreiber Preussen Elektra jüngst die Möglichkeit eröffnet, weitere Reststrommengen vom stillgelegten AKW Krümmel zu übertragen und damit den Betrieb des AKW Grohnde bis Ende 2021 fortzuführen. Mit diesem Deal erhalten die Atomkonzerne insgesamt 2,4 Milliarden Euro als Entschädigung für rechtliche Mängel im 2. Atomausstieg, der von CDU und FDP nach dem Fukushima-Unglück beschlossen wurde. "Für diese hohen Kosten trägt die damalige Laufzeitverlängerung der Regierung Merkel die Verantwortung", so Limburg.